Review< Zurück 28.02.2010
Von Nick Gruber
2044 - die Welt ist durch einen gewaltigen Krieg verwüstet. In den vereinzelten Siedlungen herrscht der solide alte Despotismus. Auch wenn dieser Zweizeiler stark nach 'Mad Max' klingt, dreht es sich diesmal weniger um das Öl als um die letzte Ölung.
Im Jahre 2044 ist der große Krieg schon 30 Jahre her. Er hat den Himmel in Stücke gerissen. Nur wenige alte Menschen wandern über die verdorrte Landschaft - das Leben ist hart, die Alltagsressourcen knapp und das Gesetz nicht existent. Auch Frauen haben es ziemlich schlecht in diesen Zeiten. Geht es nach Drehbuchautor Gary Whitta, ist alles was von der emanzipatorischen Bewegung in mühevoller Kleinarbeit erreicht wurde, nach dem Krieg ruckartig in die Steinzeit zurückgeschleudert worden. Mord, Vergewaltigung und Haare-Ziehen stehen an der Tagesordnung. Es ist also höchste Zeit ein wenig Religion in das morsche Moralgefüge zu spritzen.
Zum Glück hat ein älterer Herr namens Eli (Denzel Washington) ein ganz bestimmtes Buch im Gepäck und zeigt bei Gefahr auch matrixhafte Ninja-Reflexe in der Verteidigung des selbigen. Eine Stimme hatte ihm befohlen, es an einen Ort zu bringen, wo es sicher sei und seinen Zweck erfüllen werde. Blöderweise ist auch Bürgermeister Carnegie (Gary Oldman) schon älter als 30 und kann sich deshalb gleichermaßen an die wundersame Kontrollwirkung dieser Schrift erinnern.
Die Marketing-Maschinerie des Films setzt auf doppelbödige Wortspiele mit dem Namen des Protagonisten im Großformat: dELIver us! (erlöse uns!) - bELIeve! Die Regie-Gebrüder Hughes versuchen dem Film an allen Ecken und Enden ein gewisses Maß an erhabener Mystik einzuhauchen.
In seinem Film 2001: A Space Odyssey gab Stanley Kubrick seinem Supercomputer den kurzen Namen 'HAL' - ersetzt man alle drei Buchstaben gegen den jeweils nächsten im Alphabet, so offenbart sich "IBM". Schlau! Was passiert wohl, wenn man die selbe Methode auf 'ELI' anwendet: FMJ - find me Jesus. Und was für einen Jesus wir hier haben. Zielstrebig, moralisch, gütig, tödlich, bärtig und Sonnenbrillenträger.
Fazit: Mit all dem epischen Vorbau im Gepäck erhebt der Film den Anspruch, das eine Rezept für die Erlösung aus der Finsternis anzubieten. Aber wie schon im Vatikan, sucht man auch in dieser Traumwelt vergeblich nach Alternativen - keine Spur von Buddha, dem Tao, der Aufklärung, der wissenschaftlichen Methode usw. - was man statt dessen zu sehen bekommt, ist ein scheinbar erwachsen gewordener Mad Max Remake mit Sex-Appeal für das christliche Kinopublikum. Schauspieler, Trinker, Autofahrer und katholischer Fundamentalist Mel Gibson hat sicher seine Freude damit.
Meine Wertung: |
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